XAVERS KURZGESCHICHTEN – frisch, frech, fröhlich!
Xaver und die Kuchengabel
Im Dorf hinter dem Finsterwald, in dem Xaver in seinem Baumhaus wohnt, findet eine große Hochzeit statt. Alle, wirklich alle Bewohner des Dorfes – und auch der eine Bewohner des Finsterwaldes – sind dazu eingeladen.
„Da muss ich mich aber schick machen, für so eine Hochzeit. Ich war zwar noch nie auf einer, aber ich stelle mir vor, dass es gut wäre, eine saubere Hose und frische Socken anzuziehen“, überlegt Xaver laut.
Gesagt, getan. Er findet sogar ein altes Hemd im Baumhaus. Es gehörte wohl seinem Ur-Ur-Ur-Großvater, der vor ihm hier wohnte. Es sieht etwas altmodisch aus und ist ein bisschen groß, aber Xaver findet sich trotzdem sehr hübsch damit.
Doch dann entdeckt er ein kleines Loch an der Seite. “Huch, da passt ja mein Daumen durch. Vermutlich hat sich Motte Murkel da die Hucke voll geschlagen. Naja, macht nichts, ich kann es ja zu machen.“ Polternd läuft Xaver auf die Terrasse, holt eine Wäscheklammer von der Leine und zwickt sie über das Loch im Hemd. “So. Loch ist zu. Geht ja viel schneller als Nähen, ha!”
Jetzt steht er vor einem großen Spiegel in seinem Bad.
„Wenn meine Freundin Silvi hier wäre, würde sie sagen, dass ich meine Haare kämmen soll. Hm, das Problem ist nur, ich besitze ja gar keine Haarbürste. So eine schöne Wuschelpracht wie meine, kommt ganz ohne Kamm zurecht!“ Er durchsucht das ganze Baumhaus, nach etwas, das man ausnahmsweise als Kamm verwenden könnte.
Dann legt er sich die Dinge vor dem Spiegel zurecht: eine Schuhbürste, eine große und eine kleine Gabel und einen Plastikrechen aus dem Sandspielzeug.
Drei Stunden lang steht er im Bad und widmet sich höchst konzentriert seinen Haaren. Er bürstet und kämmt, macht sie nass und wieder trocken.
„So, einen schönen Mittelscheitel. Und jetzt noch ein bisschen Öl für den Glanz. Wunderbar! Ich glaube, so kann ich gehen. Ist ja schon höchste Zeit!“
Mit platten, glänzenden, gescheitelten Haaren kommt er aus dem Badezimmer. Er rutscht die Loopingrutsche seines Baumhauses hinunter. Als er unten am Waldboden ankommt, sehen seine Haare schon wieder wuschelig und wirr aus, wie eh und je, doch das bemerkt Xaver nicht.
Pfeifend macht er sich auf den Weg ins Dorf. Er pflückt ein paar Waldblumen für die Braut und ist schon bald beim Fest angekommen. Dort begrüßen ihn sogleich seine drei Freunde Silvi, Gustav und Sibelius: „Da bist du ja endlich, Xaver! Du kommst gerade rechtzeitig, die Hochzeitstorte wird gleich angeschnitten.“
„Ach, ich wusste gar nicht, dass es so spät geworden ist. Verzeiht, meine Haare brauchten heute so viel Aufmerksamkeit. Dafür sind sie extra schick, nicht?“, meint Xaver mit stolzgeschwellter Brust.
Die drei Freunde schauen sich fragend an. Xavers Haare sehen aus wie immer. Mit einem leicht öligen Schimmer. Und einer kleinen Gabel, die neben Xavers Ohr baumelt.
Silvi zieht sie hervor. „Meinst du das, Xaver? Na das ist ja perfekt, dann hast du deine Kuchengabel gleich dabei. Lasst uns zum Kuchenbüfett gehen!“
Autorin: Magdalena Kubelka