XAVERS KURZGESCHICHTEN – frisch, frech, fröhlich!
Xaver hilft dem Eichhörnchen
Xaver sitzt mit seinem Freund Sibelius auf der Terrasse seines Baumhauses bei einem Glas Kakao. Er ist heute ziemlich still. Worüber zerbricht er sich bloß den Kopf?
„Du Sibelius, kann man einem Baum eigentlich Vitamine geben?”, fragt Xaver. Sibelius, der in einem Comic liest, schaut auf.
„Vitamine? Ähm, naja, also Pflanzen kann man düngen. Wieso willst du das wissen?”
„Meine Eiche verliert Blätter. Vielleicht haben ihre Zweige keine Kraft mehr und können sie nicht mehr festhalten. Was ist, wenn sie am Ende auch noch das Baumhaus abwirft?” Xaver ist sichtlich besorgt.
„Nein, davor brauchst du dich nicht zu fürchten”, antwortet Sibelius. “Laubbäume verlieren doch jedes Jahr im Herbst ihre Blätter. Das weißt du doch.”
„Hm, ja stimmt. Aber es wäre trotzdem besser, sie täte es dieses Jahr nicht.”
„Und warum nicht?”, fragt Sibelius.
„Du kennst doch meinen Nachbarn, das Eichhörnchen. Das, das mir vor zwei Jahren versehentlich mein Geld geklaut hat, das ich vergraben hatte.”
„Ja klar, kenn ich das. Das hüpft doch ständig hier herum. Es hat seine Nüsse gesucht und dabei dein Geld ausgegraben. Und das ging dann verloren”, erinnert sich Sibelius.
„Ja, genau. Dieses kleine Kerlchen ist das ganze Jahr über sooo fleißig, sammelt Nüsse und sucht sich die allerbesten Verstecke dafür aus. Und dann, wenn es im Winter so richtig zu Grummeln anfängt im Eichhörnchen-Bauch, dann findet es sie oft nicht mehr. Das ist doch gemein. Deshalb habe ich das Eichhörnchen beobachtet wie ein Detektiv. Und jetzt weiß ich, wo alle seine Nüsse sind!”
„Aber du willst das Eichhörnchen jetzt hoffentlich nicht auch beklauen?”, fragt Sibelius mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Nein, nein. Natürlich nicht! Ich habe alle Verstecke mit so einer kleinen roten Fahne markiert. Die hab ich aus Papier ausgeschnitten, angemalt und auf Zahnstocher geklebt. Die Verstecke sind dann zwar nicht mehr soo geheim, aber die anderen Tiere wissen ja nicht, das unter den Fahnen Nüsse liegen.”
„Das ist aber wirklich nett von dir Xaver. Ich versteh aber nicht, warum der Baum jetzt keine Blätter fallen lassen soll?”, fragt Sibelius.
„Na, weil man dann meine Fahnen nicht mehr sieht! Ist doch klar, Sibelius.”
„Ach so.”
„Dann werd ich die Blätter wohl wegräumen müssen. Dabei finde ich Aufräumen totaaal langweilig”, seufzt Xaver und rutscht – schwupps – die Loopingrutsche hinunter.
Doch schon nach vier Minuten rauft er sich die Haare. Jedes Blatt einzeln aufzuheben ist ganz schön anstrengend. Sein Blick wandert hinauf zur Baumkrone und seine Augen werden groß. “Puh, da sind ja noch ganz schön viele Blätter oben. Und die soll ich alle aufheben und wegtragen?” Er zählt mindestens 20 Mal bis 10, doch die Blätter sind einfach unzählbar viele.
Da kommt auch Sibelius die Loopingrutsche heruntergesaust.
„Xaver, hast du denn keinen Laubrechen?”
„Hm, ich glaube nicht. Ich seh mal nach.” Xaver verschwindet im Keller des Baumhauses. Sibelius hört es rumpeln und scheppern, dann kommt Xaver wieder heraus.
„Nein, kein Laubrechen da. Aber ich hab das!” Triumphierend hält er zwei chinesische Fächer nach oben. Er drückt einen davon Sibelius in die Hand. “Mit der Luft, die wir fächeln, fliegen die Blätter davon, wetten?”
Xaver probiert es gleich aus, doch die Blätter hüpfen nur ein bisschen. Mutlos lässt sich Xaver auf den weichen Waldboden plumpsen.
„Vielleicht sollte ich lieber eine Vorratskammer für das Eichhörnchen bauen?”, überlegt er. Doch Sibelius muntert ihn auf: “Im Dorf hat bestimmt jemand einen Laubrechen oder sogar einen Laubbläser, den dir jemand borgt. Und dann machen wir einen schönen Laubhaufen, Xaver. Lass den Kopf nicht hängen, ich bin gleich wieder da!” Er schwingt sich auf sein Rad und fährt Richtung Dorf davon.
Nur wenig später kommt er mit mit einem Rechen zurück. Der ist von Frau Maushuber und Xaver darf ihn den ganzen Herbst lang behalten.
Die Tage und Wochen vergehen und jeden Tag verliert die Eiche Blätter, wie Wolken ihre Schneeflocken. Xaver liebt es, durch das Laub zu laufen, denn dann raschelt es so schön. Mittlerweile hat er das Laub zu einem riesigen Haufen vor der Loopingrutsche aufgetürmt, sodass man genau dort hinein fliegt, wenn man rutscht. Die Freunde haben großen Spaß dabei. Sie rutschen mit viel Gejohle und landen mit so viel Schwung im Laubhaufen, dass die Blätter fast wieder bis zu den Ästen hinaufgeschleudert werden. Xaver sieht wild aus, mit all den bunten Blättern, die in seinen Haaren hängen geblieben sind.
Sie rutschen, bis Xaver plötzlich etwas entdeckt. „HAAALT! STOPP!”, ruft er und spreizt am Ende der Röhrenrutsche Arme und Beine, so dass er stecken bleibt. Das verursacht sogleich eine Massenkarambolage. Silvi kann nicht so schnell bremsen und stößt gegen Xaver, Sibelius gegen Silvi und Gustav gegen Sibelius. Aus der Rutsche hört man laut: „Au!” “Autsch!” „He! Was ist los?”
„Pssst. Schaut mal. In unseren Laubhaufen zieht gerade jemand ein”, flüstert Xaver.
Ratet mal, wer das sein könnte?
Ja genau, eine kleine Igeldame, wackelt auf ihren kurzen Beinchen auf dieses wunderschöne Winterquartier zu. Während Silvi sie mit einem alten Apfel füttert, schieben Xaver, Sibelius und Gustav den ganzen Laubhaufen ein paar Meter zur Seite.
„Sie kann doch im Winter sonst nicht schlafen, wenn ständig jemand in ihren Blätterhaufen rutscht”, erklärt Xaver.
Mit einem guten Gefühl in der Brust, klettern die vier Freunde nach oben ins Baumhaus, um Kakao zu trinken. Ihnen geht es gut, dem Eichhörnchen geht es gut, dem Igel geht es gut.
„Und was machen wir jetzt, wenn wir nicht mehr im Laubhaufen spielen können?”, fragt Gustav. “Wir könnten unsere Drachen steigen lassen”, schlägt Silvi vor.
“Oder wir sammeln ganz viele Kastanien und füllen damit meine Badewanne. Dann haben wir ein Kastanien-Bällebad!”, ruft Xaver begeistert.
„Das klingt gut! Nur du kannst dann halt nicht mehr baden, Xaver”, wirft Sibelius ein.
„Ach, das macht mir gar nichts aus”, antwortet Xaver und lacht vergnügt.
Autorin: Magdalena Kubelka
Illustration: Victoria Muller